Die Revisionen zur ISO 14001 und ISO 9001 – Chance für einen Neustart

Normen befinden sich turnusmäßig in einem Überarbeitungsprozess, was nur allzu verständlich erscheint, wenn man sich vor Augen führt, dass sie von Unternehmen und ihren Managementsystemen einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess fordern. Durch die Überarbeitung der weit verbreiteten Standards ISO 14001 und ISO 9001 werden die Anforderungen beider Normen erhöht und eine neue Kapitelstruktur (High Level Structure) eingeführt. Es klingt fast schon paradox, doch aus den neuen Anforderungen und dem Mehraufwand können sich auch Vorteile für Unternehmen ergeben.

Worin liegen nun die Chancen der Revisionen zur ISO 14001 und ISO 9001?

Zunächst sei festgehalten, dass – entgegen der weitläufig verbreiteten Darstellungen – die beiden Standards zunächst einmal nicht fordern, die Struktur eines bestehenden Systems zu ändern, neue Bezeichnungen zu verwenden und gewohnte Begriffe durch neue Fassungen abzulösen. Selbstverständlich sind auch Darstellungen, wonach die Rolle des Beauftragten „wegfallen“ würde, natürlich in der praktischen Umsetzung für ein Unternehmen kaum von Bedeutung. Zwar soll die Verantwortung bzw. Rechenschaftspflicht wieder stärker beim Top-Management liegen, aber die Funktion des Beauftragten, idealerweise in Verbindung mit einem unterstützenden Managementteam, ist zur operativen Umsetzung nach wie vor sinnvoll. Wie wir es von den Normstandards gewohnt sind, schreiben diese weder eine bestimmte Organisation, noch bestimmte Begriffe vor und lassen uns in der betrieblichen Gestaltung große Freiheiten. Doch wo liegen nun die Chancen?

Revisionen bieten guten Rahmen für „Frühjahrsputz“

Grundlegend könnte die Aufarbeitung der neuen Anforderungen, insbesondere bei der ISO 14001, aber natürlich auch bei der ISO 9001, einen guten Rahmen bilden, um einen „Frühjahrsputz“ der Systeme durchzuführen. Wer kennt es nicht, dass nicht mehr jeder Prozess und jedes Detail exakt der Vorgehensweise in der Praxis entsprechen, die Umweltaspekte Jahr für Jahr dasselbe Bild zeigen und das Rechtskataster praktisch nicht mehr ist, als eine Tabelle mit der aktuellen Gesetzgebung, die uns aber in der betrieblichen Praxis wiederum wenig hilft. Denn zur gezielten Einhaltung von Gesetzen, müssen auch die konkreten Anforderungen herausgestellt und nicht nur der Link zur aktuellen Gesetzesfassung gepflegt werden.

Mit Blick auf die internen Audits stellt sich in vielen Unternehmen auch die Frage, ob nun nach teilweise vielen Jahren des Betriebs des Managementsystems dieses Instrument noch seinen eigentlichen Zweck erfüllt und wir nicht mittlerweile Jahr für Jahr dieselben Fragen stellen, deren Antworten wir bereits kennen. Vermutlich können die meisten Leser dieses Schreibens sich in vielen dieser Beispiele wiederfinden und die Liste sogar noch weiter fortführen.

Revision 14001 fordert kontrete Kennzahlen

Es ist eine erfrischende Chance für Umweltmanagementsysteme, dass nun konkret Kennzahlen gefordert werden sowie eindeutige, messbare Fortschritte in der Verbesserung der Systeme gepflegt werden sollen und die Messbarkeit der umweltbezogene Ziele noch stärker hervorgehoben wird (siehe 6.2.1, ISO 14001:2015).

Für Umweltmanagement-Beauftragte bietet dies die Chance, für die eigenen Anliegen stärkeres Gehör zu erhalten, da eine bessere Transparenz geschaffen wird. Für Unternehmen ermöglicht dies eine detailliertere Kenntnis ihrer Umweltleistung. Es ist völlig nachvollziehbar und sinnvoll, dass nun „bindende Verpflichtungen“ im Zusammenhang mit den Umweltaspekten identifiziert werden müssen (siehe 6.1.3, ISO 14001:2015).

Nachholbedarf in Sachen rechtliche Anforderungen

Meine langjährige Erfahrung in diesem Tätigkeitsfeld zeigt, dass besonders in diesem Bereich oft großer Nachholbedarf besteht. Ein Unternehmen hat bei einer oberflächlichen Pflege von Gesetzen praktisch keine Chance, den rechtlichen Anforderungen im betrieblichen Alltag gerecht zu werden. Letztendlich bietet die Pflicht aus der Norm die Chance, dem hohen Ziel der Rechtssicherheit einen guten Schritt näher zu kommen und dieses Ziel muss – alleine schon aufgrund der mit Verstößen verbundenen Ordnungsgelder, aber auch der guten Ordnung halber – im Interesse eines jeden Unternehmens liegen. Manchmal ist es gut, einen externen Impuls zur Umsetzung zu erhalten und dieser kommt nun durch die ISO 14001:2015.

Revision 14001 bringt Anpassung im Bereich Umweltaspekte

Eine weitere Anpassung liegt im Bereich der Umweltaspekte. Diese müssen nun den kompletten Lebenszyklus betrachten (siehe 6.1.2, ISO 14001:2015). Zunächst stellt die Umsetzung natürlich wieder einen Mehraufwand dar, doch selbstredend ist es sinnvoll. Wir denken in unserer heutigen Zeit viel zu selten an den Lebenszyklus von Produkten, von einer Betrachtung der Ökobilanz ganz zu schweigen. Es kann nicht ausreichend sein, alle Umweltauswirkungen nur im starren Geltungsbereich des Managementsystems und der eigenen Organisation zu erfassen. Möchten wir ernsthaft und nachhaltig Umweltmanagement betreiben, dann gehört der Blick auf „das große Ganze“ dazu.

Auch vor einem wirtschaftlichen Hintergrund bietet das Thema Raum für Potenziale. Werden beispielsweise die Lebenszykluskosten anstatt der reinen Investitionskosten betrachtet, so zeigt sich oft neben dem z.B. energetischen auch ein monetäres Einsparpotenzial. Die Ermittlung der Lebenszykluskosten ist meist nicht so schwierig, wie es zunächst den Anschein hat. Der Begriff der Risikobewertung ist weitläufig und in vielen Unternehmen negativ belegt. Doch ist es nicht ein zeitgemäßer Aspekt? Die neuen Normen berücksichtigen dies und fordern die Bewertung von Risiken und Chancen. Vor allem Risiken für die Umwelt sind ebenso auch Risiken für Unternehmen, vor dem Hintergrund möglicher wirtschaftlicher und Imageschäden. In der Praxis hat dies für viele Unternehmen, von kleinen Betrieben bis hin zu Konzernen, eine reale und wichtige Bedeutung.

Infrastruktur von Qualitäts- und Umweltmanagementsystemen nutzen

Neben Umweltgegebenheiten ergeben sich auch in vielen weiteren Themenfeldern Beispiele für Quellen von Risiken und Chancen, wie z.B. die Anforderungen durch interessierte Parteien, rechtliche Anforderungen oder auch wirtschaftliche Anforderungen des Marktes, welche für das Bestehen und die Entwicklung eines Unternehmens eine wichtige Rolle spielen. Deshalb ist es konsequent und richtig die Infrastruktur von Qualitäts- und Umweltmanagementsystemen zu nutzen, um diesen wichtigen Aspekt zu bewerten und darüber hinaus auch eine Systematik zu entwickeln, um Risiken zu mindern und Chancen zu erhöhen.

Revisionen werfen neue Fragen auf?

Für die strategische Ausrichtung von Unternehmen rücken zudem auch die notwendigen Kenntnisse über den „Kontextes“ sowie die „Erfordernisse interessierter Parteien“ stärker in den Fokus. In diesem Zusammenhang ergeben sich verschiedene Fragestellungen. In welchem „Kontext“ bewegen wir uns als Unternehmen? Welche interessierten Parteien gibt es überhaupt? Welche Anforderungen werden von diesen gestellt? Vor welchen Anforderungen stehen wir als Unternehmen, wenn wir den Blick über den Tellerrand hinaus bewegen?

All diese Fragen und viele mehr sind sinnvollerweise im Rahmen eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses, im Rahmen eines konsequenten und systematischen Einbezugs des Top-Managements von Bedeutung und passen somit gut in die Welt so umfassender Managementsysteme, wie der ISO 14001 und der ISO 9001.

Revisionen zur ISO 9001 und ISO 14001 bringen Chancen für Unternehmen mit sich

Zusammengefasst bleibt festzuhalten, dass die neuen Standards nun einen Impuls geben sich mit Themen zu beschäftigen, die nur allzu oft vernachlässigt bleiben und aber durchaus einen nachhaltigen Nutzen für ein Unternehmen haben können. So bieten die Standards tatsächlich eine Chance für Unternehmen und sollten nicht als bloßer Mehraufwand verstanden werden.

Sie sind unsicher? Wir unterstützen Sie bei der Umstellung auf die Revisionen zur ISO 9001 und ISO 14001

Unternehmen, die unsicher sind, wie diese neuen Aspekte der Standards sinnvoll, schlank und mit vertretbaren Aufwand und größtmöglichem Nutzen in die Unternehmenslandschaft integriert werden können, unterstützen wir gerne. Kontaktieren Sie unsere Experten.

Vor dem Hintergrund unseres Unternehmens sind uns sowohl die Komplexität internationaler Konzerne als auch die praktische, langjährige Erfahrung mit Managementsystemen, aber auch die konkreten Inhalte und Anwendungsfelder durch die Zusammenarbeit mit unserer Kunden und Partnern wohl bekannt. Dies ermöglicht es uns gemeinsam, Lösungen für Sie und Ihr Unternehmen zu finden und umzusetzen – im Ergebnis selbstverständlich auch in der Form, dass Sie das ISO 14001:2015 bzw. ISO 9001:2015 „Deltaaudit“ mit gutem Gefühl bestreiten können und wir gemeinsam eine positive Bewertung durch Ihren Zertifizierungsauditor erreichen.

Bitte erlauben Sie am Ende dieses Plädoyers für die Inhalte der neuen Normen eine mir persönlich wichtige Anmerkung: Wir bauen Systeme selbstverständlich nicht für den Auditor und auch nicht um Lieferantenanforderungen zu erfüllen, sondern wir wollen damit systematisch Mehrwerte schaffen. Genau da sehe ich die Aufgabe unseres Unternehmens und dies ist auch unser Verständnis eines Managementsystems.

Letztendlich stehen größere Chancen und hoffentlich auch ein größerer Nutzen dem in diese Systeme investierten Aufwand entgegen. Die Voraussetzung ist die Bereitschaft dem Ganzen auch die notwendige Wertschätzung und den gebührenden Raum im Unternehmen einzuräumen – der „Rückenwind“ für die Neufassungen ist hierfür förderlich.

Matthias Lisson
Ehemaliger Geschäftsführer TENAG GmbH

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